Unser Anbaukonzept

Der Anbau unseres Gemüses stellt uns immer wieder vor Herausforderungen. Da wir uns nicht wie manche Landwirte auf bestimmte Kulturen spezialisiert haben, sondern ein breitgefächertes Angebot verwirklichen wollen, ist ein umfassendes Wissen über die einzelnen Kulturen notwendig. Auf dieser Seite wollen wir euch das Konzept unserer Gärtnerinnen vorstellen, das sie mit der Arbeitsgruppe Anbau und mit Hilfe der freiwilligen Mitgärtner*innen umsetzen. So könnt ihr einen Einblick in die Praxis bekommen und sehen, wie viel Herzblut unsere SoLaWi in den Anbau steckt

Unsere Rahmenbedingungen

Wir sind ein lebendiger Verein mit vielen engagierten Mitgliedern, die die Ausrichtung des Betriebes mitgestalten sowie den Anbau mitplanen und auf dem Acker mitarbeiten. Aktuell versorgen wir 80 Haushalte mit Gemüse. Wir kooperieren hierfür mit dem langjährigen Bioland-Gemischtbetrieb Akazienhof Neustadt. Unsere über zwei Hektar großen Flächen liegen ohne Hofstelle und Stromanschluss am Rand von Neustadt an der Weinstraße. Die Flächen wurden nach und nach für den Gemüsebau vorbereitet. Mittlerweile haben wir ein Bewässerungssystem angelegt und ein Kühlhaus gebaut. Beides betreiben wir über unsere eigene Solaranlage. Drei Folientunnel und eine Erdmiete befinden sich auf dem Gelände.

Unsere Region ist durch mildes Klima mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 11,3°C geprägt. Die Region Vorderpfalz hat eine der längsten Vegetationsperioden innerhalb Deutschlands. Wir streben eine Vollversorgung mit Gemüse über elf Monate im Jahr an, der wir immer näher kommen. Bedingt durch unsere noch nicht optimalen Lagermöglichkeiten und die unbeheizten Folientunnel machen wir etwa vier Wochen Pause mit der Gemüseverteilung. Jedes Mitglied ist selbst dafür verantwortlich, für diesen Zeitraum (im April und Mai) Vorräte anzulegen.

Bioland-Zertifizierung

Wir wirtschaften nach den Richtlinien von Bioland, dem größten Anbauverband in Deutschland. In vielen Punkten gehen die Bioland-Richtlinien über die gesetzlichen Mindeststandards der EU-Öko-Verordnung hinaus. So ist beispielsweise die Höhe und der Zukauf der Stickstoff-Düngung stärker reglementiert. Das Wirtschaften in Kreisläufen ist eines der sieben Bioland-Prinzipien. Diesem und den anderen Prinzipien, beispielsweise der Förderung von Artenvielfalt oder dem aktiven Klima- und Artenschutz, wollen wir im Rahmen unserer gärtnerischen Landnutzung so gut wie möglich und aus voller Überzeugung gerecht werden.

Geschmack, Qualität und Gemüsesorten

Unsere Sorten wählen wir nach dem Aspekt des guten Geschmacks aus. Weder ein hoher Ertrag noch die Optik stehen im Vordergrund, weshalb immer wieder z. B. krumme Gurken und lustig aussehende Möhren im Erntekorb landen, die im konventionellen Supermarkt in der Abfalltonne landen würden. Der intensive, typische Geschmack lässt jedoch gerne darüber hinwegsehen. Die meiste Zeit des Jahres wird das Gemüse höchstens einen Tag vor der Ausgabe geerntet – frischer geht es kaum. Wir wollen eine Versorgung mit bekannten, gerne und häufig gegessenen Gemüsesorten sicherstellen und probieren zugleich regelmäßig auch etwas Besonderes aus (wie Haferwurzel, Kohlrübe oder Stielmus). Viele Mitglieder freuen sich am meisten über die leckeren Möhren, die das ganze Jahr über vielfältig und leicht zu verarbeiten sind.

Jungpflanzen

Unser Ziel ist es, einen Großteil der benötigten Jungpflanzen in absehbarer Zeit selbst anzuziehen. Aktuell können wir aus personellen und organisatorischen Gründen nur einen kleinen Teil der Jungpflanzen selbst anziehen. Den Rest beziehen wir von verschiedenen Jungpflanzenbetrieben, zum Großteil aus der Region. Alle selbst angezogenen Jungpflanzen sind samenfest, die zugekauften wann immer möglich auch.

Seit 2021 beziehen wir, wie in den Anfangszeiten der SoLaWi, einen Großteil der Jungpflanzen für die Folienhäuser von „Melanie Grabners Lilatomate“, einem passionierten Jungpflanzenbetrieb aus Böhl-Iggelheim, 15 Kilometer von Neustadt entfernt. Wir freuen uns ganz besonders über diese Kooperation, weil wir so gesunde, samenfeste Sorten, die an unsere Region angepasst sind, anbauen können. Außerdem haben wir mit Melanie Grabner eine kompetente Beraterin und Mitstreiterin für eine Förderung des kleinteiligen, samenfesten Anbaus gefunden.

Bewässerung

Unsere Böden sind fruchtbar und durch die Bodenarten lehmiger Sand bis sandiger Lehm geprägt. Das Wasserhaltevermögen ist auf diesen leichten Böden eingeschränkt. Dafür haben sie den Vorteil, dass sie sich im Frühjahr schneller erwärmen und nach Niederschlägen schneller bearbeitbar sind.

Der durchschnittliche Niederschlag beträgt etwa 590 l/m². In den letzten Jahren beobachten wir eine ausgeprägte Sommertrockenheit, wodurch unsere Zusatzbewässerung unabdingbar ist. Das Bewässerungswasser versuchen wir so effizient wie möglich zu nutzen. Wir verwenden eine Kombination aus Tropfschläuchen und Überkopfberegnung. Wir versuchen so oft wie möglich Mulchmaterial zu verwenden, um den Boden vor Austrocknung zu schützen und das Bodenleben zu nähren.

Gewächshauskulturen sind sehr durstig und müssen ausschließlich über künstliche Bewässerung versorgt werden. Um trotzdem möglichst wenig Wasser zu verbrauchen, verwenden wir in den Folienhäusern im Sommer fast ausnahmslos Tropfbewässerung und minimieren hier, ebenfalls durch eine Mulchschicht, die Verdunstung.

Gemüse-Freilandanbau

Angepasst an den Bedarf unserer Mitglieder bauen wir in großem Umfang Lagergemüse wie Möhren, Pastinaken, Rote Bete und Knollensellerie an. Auch Wintersalate wie Zuckerhut und Radicchio können wir gut lagern. Dazu kommt der satzweise Frischgemüseanbau. Satzweise bedeutet, dass nicht lagerbares Gemüse so angebaut wird, dass es nach und nach geerntet und verteilt werden kann. So ist die Ernte einer Kultur über mehrere Wochen gestreckt. Vor allem Gemüsearten wie Fenchel, Salat oder Kohlrabi können nicht gelagert werden und werden daher in mehreren Etappen angebaut und geerntet.

Unser Freilandanbau ist eine Kombination aus Hand- und Traktorarbeit. Im Freilandanbau arbeiten wir mit einem kleinen Traktor, den wir zur Bodenbearbeitung, zum Säen, zum Reihenziehen, zur Vorbereitung des Pflanzens, zur Unkrautregulierung durch Hacken und zum Transportieren von geerntetem Gemüse und Kompost nutzen. Durch einfache Techniken erleichtern wir unsere Handarbeit und machen sie effizienter und körperlich entlastender. Im Freiland-Anbau für 80 Ernteanteile mit Lagergemüseanbau befinden wir uns von der Größe her an einer Grenze, an der der Maschineneinsatz die Arbeitseffizienz auf der einen Seite erhöht. Auf der anderen Seite ist die Maschinenauslastung aber so gering, dass die fixen Maschinenkosten verhältnismäßig hoch sind. Daher setzen wir wo möglich auf Maschinen, die unkompliziert in der Wartung und leicht selbst zu reparieren sind.

In den letzten Jahren haben wir unseren Fruchtfolgeplan immer weiter ausgearbeitet, so dass wir unserem Ziel einer möglichst hohen Flächeneffizienz stetig näher kommen und dabei den Bedürfnissen des Bodens und dessen Erholungsphasen gerecht werden. Im Freilandanbau wollen wir eine sechsjährige Fruchtfolge für Kreuzblütler einhalten, um Krankheiten wie der Kohlhernie, die über den Boden übertragen werden, vorzubeugen. Zur Pflanzenfamilie der Kreuzblütler gehören insbesondere alle Kohlsorten; diese nehmen bei uns den meisten Platz (etwa 1/3 der Fläche) ein. Um die lange Anbaupause einzuhalten, sind wir bestrebt, in Kooperation mit unserem Verpächter unsere Gemüsefruchtfolge systematisch mit landwirtschaftlichen Kulturen zu erweitern.

Die Flächen sollen möglichst lange begrünt sein. Wenn eine Gemüsekultur abgeerntet ist, folgt entweder die nächste Gemüsekultur oder wir säen eine Zwischenfrucht ein. Bei Winterkulturen, die sehr spät geerntet werden, ist eine Einsaat von Zwischenfrüchten oft nicht mehr möglich. Erste erfolgreiche Versuche mit Untersaaten in diesen Kulturen, die über die Winterperiode Nährstoffe halten können, lassen uns hoffen, diesen Bereich weiter ausbauen zu können. Um unsere Böden dabei zu unterstützen, mehr Nährstoffe und Wasser halten zu können sowie CO2 zu binden, streben wir durch folgende Maßnahmen einen langfristigen Humusaufbau an: mehrjähriger Anbau von Klee- bzw. Luzerne-Gras, Anbau von Zwischenfrüchten, Düngung mit Pferdemist und Kompost sowie Ausbringen von Mulchmaterial.

Gewächshäuser

Auf dem Gelände der SoLaWi bewirtschaften wir drei Folientunnel mit insgesamt ca. 800 m² Gewächshausfläche. Auch in den Gewächshäusern ist es unser vorrangiges Ziel, mit möglichst wenig Ressourcenverbrauch gesundes, vielfältiges und regionales Gemüse für unsere Mitglieder anzubauen. Deswegen beheizen wir unsere Gewächshäuser nicht, sondern bauen im Winter das an, was robust und kältetolerant ist. Die Erkenntnisse einiger moderner Pioniere des Winteranbaus wie Wolfgang Palme und Eliot Coleman sind uns dabei Inspiration in der Anbauplanung. Das frische Grün aus den Gewächshäusern bereichert dabei im Winter die Versorgung mit Lagergemüse, begleitet von Kohl und Lauch vom Acker.

Die ganze Pracht des geschützten Anbaus zeigt sich natürlich im Sommer, wenn Tomaten, Paprika, Gurken & Co. die Folientunnel in einen grünen Urwald verwandeln. Auch wenn diese so genannten Hauptkulturen dem Boden viel abverlangen und viele Nährstoffe brauchen, versuchen wir, ein Gleichgewicht zwischen gutem Ertrag für uns Menschen und einer langfristigen Bodengesundheit zu finden. Sehr gute Erfahrungen haben wir in dem Zusammenhang z. B. mit Mulch in den Gewächshäusern gemacht. Das Mulchen unterdrückt nicht nur störende Beikräuter, sondern begrenzt auch die Verdunstung und hält den Boden feucht, wodurch das Bodenleben gefördert wird. Wichtigster langfristiger Effekt ist jedoch, dass durch die kontinuierliche Zersetzung der aufgebrachten biologischen Masse ein nachhaltiger Humusaufbau stattfindet. Auch in den Gewächshäusern versuchen wir, durch Blühmischungen Nützlinge zu fördern, da wir Schädlingsbekämpfungsmittel nur im äußersten Notfall einsetzen und dann natürlich ausschließlich im Bioland-Anbau zugelassene Mittel.

Wir orientieren uns im geschützten Anbau an dem immer bekannter werdenden Konzept der Market-Gardening-Betriebe. Das bedeutet konkret, dass wir Dauerbeete anlegen, die intensiv gepflegt und gärtnerisch genutzt werden. Die Idee ist, den Boden aufzubauen, Bodenleben zu fördern und nicht kurzfristig nur die jeweilige Kultur zu düngen. Deswegen wird der Boden in den Gewächshäusern auch nicht mehr umgegraben, sondern nur noch mit einer so genannten „Broad Fork“ (spezielle breite und tief lockernde Grabegabel) gelockert. Auch auf den Einsatz von motorisierten Maschinen zur Bodenbearbeitung können wir durch diese Handgeräte komplett verzichten.

Im Rahmen des Möglichen halten wir auch in den Gewächshäusern eine Fruchtfolge ein und versuchen, beispielsweise Kreuzblütler nur alle vier Jahre wieder auf die gleiche Fläche zu pflanzen, um Krankheiten und Schädlinge, die über den Boden übertragen werden, zu minimieren. Auch unter Folie düngen wir hauptsächlich mit kompostiertem Pferdemist und Vinasse (ein rein organisches Düngemittel, welches bei der Zuckerrübenverarbeitung entsteht), zusätzlich kommt Brennnesseljauche zum Einsatz.

Dauerkulturen

Neben den einjährigen Gemüsekulturen, die jedes Jahr ausgesät bzw. gepflanzt werden, wollen wir vermehrt Dauerkulturen anlegen. Dabei geht es uns nicht nur darum, Arbeit zu sparen, sondern auch darum, mit langjährigen Pflanzenbewohnern, die tiefe Wurzeln ausbilden können, ein natürlicheres Umfeld zu schaffen. Beerensträucher gehören hierbei wohl zu den bekanntesten Pflanzen, neben diesen finden auch Kräuterstauden in speziellen Beeten und Obstbäume in Heckenstreifen auf dem Acker ein Zuhause.